Du hast sicher schon einmal vom Beckenboden gehört. Doch wo sitzt er eigentlich genau? Welche Funktion erfüllt er in deinem Körper? Haben auch Männer einen Beckenbodenmuskel? Und was passiert mit dem Beckenboden in der Schwangerschaft? Auf diese und weitere Fragen möchte ich hier eingehen. Denn dein Beckenboden leistet mehr, als du denkst – und es ist faszinierend. Lass ihn uns zusammen entdecken!
Beckenboden – Was ist das eigentlich?
Jeder Mensch besitzt einen Beckenboden: Frauen und Männer, junge und ältere Menschen, Schwangere, du und ich. Dabei ist es schon fast unglaublich, was für eine zentrale Rolle der Beckenboden im Körper einnimmt. Vielleicht weißt du schon, dass er dafür verantwortlich ist, „dicht“ zu halten – eine wichtige Funktion, die nicht für jeden Menschen selbstverständlich ist. Allerdings leistet der Beckenboden noch viel mehr.
Wo sitzt der Beckenboden?
Lass uns mit ein bisschen Anatomie beginnen: Dein Beckenboden besteht aus Muskeln, Bindegewebe und Bändern. Er sitzt zwischen den beiden Sitzbeinhöckern, dem Schambein und dem Steißbein im kleinen Becken. Du kannst ihn dir wie eine Hängematte vorstellen, die den Bauchraum und das knöcherne Becken nach unten hin abschließt.
Beckenboden-Funktion – Wofür ist er zuständig?
„Wofür ist der Beckenboden eigentlich gut?“, werde ich oft gefragt. Die menschliche Beckenbodenmuskulatur hat vier Hauptfunktionen, auf die ich hier kurz eingehen möchte.
Stützen und Tragen
Nach unten hin stützt der Beckenboden die Bauchorgane ab: das sind Blase, Darm und – bei Frauen – die Gebärmutter. Dabei sichert die Beckenbodenmuskulatur die Lage dieser Organe und schließt den Bauchraum ab. Auf diese Weise stabilisiert sie das Becken beim Stehen und Gehen. Bei Frauen hält sie darüber hinaus während der Schwangerschaft auch die Gebärmutter.
Schließen von Blase und After
Vermutlich ist dir bekannt, dass eine gesunde Beckenbodenmuskulatur dafür sorgt, dass du „dicht hältst“. Der Beckenboden sorgt also für die Kontinenz und verhindert Inkontinzenz, indem er die Schließfunktionen von Blase und After übernimmt. Füllen sich Blase und Darm, gibt unter anderem er dir die Kontrolle über ihre Entleerung.
Öffnen und Hinauslassen
So wie sich die Muskulatur des Beckenbodens zum Verschließen anspannt, sollte sie sich auch wieder entspannen können. Dies ist einerseits zum Öffnen der Harnröhre und des Darmausganges notwendig. Zum anderen dehnt sich der Beckenboden bei Frauen während des Geburtsvorganges deutlich, um für das Baby Platz zu machen. Außerdem gehört zu dieser Funktion auch das Hineinlassen (und Umfassen) des Gliedes bei Geschlechtsverkehr.
Reflektorische Anspannung
Wenn du niest, hustest oder lachst, kommt es im Bauchraum zu Druckveränderungen. In diesem Fall sorgt der Beckenboden für eine sogenannte reflektorische Anspannung. Dieser Anspannungs-Reflex sorgt dafür, dass die Öffnungen von Blase und After geschlossen bleiben und es nicht zu unerwünschten Zwischenfällen wie z. B. tröpfchenweise unkontrolliertem Urinverlust kommt.
Weitere Funktionen des Beckenbodens
Es gibt noch unglaublich viele weitere Funktionen, die dein Beckenboden täglich übernimmt. Damit du ein Gefühl dafür bekommst, was er noch so alles beeinflusst, zähle ich dir ein paar davon auf.
Der Beckenboden…
- bildet das Zentrum unseres Körpers und setzt den Abschluss nach unten.
- ist wichtiger Teil einer guten Körperhaltung und Bewegungskoordination.
- sichert bei verstärkter Ausatmung, bei schwerem Tragen oder Husten die Kontinenz.
- verbessert die sexuelle Empfindungsfähigkeit.
- stärkt die Durchblutung des Beckens und den venösen Rückfluss.
- kann das Selbstwertgefühl steigern: eine starke Mitte ist ein starkes Energiezentrum.
- stabilisiert die Wirbelsäule und richtet das Becken auf.
- kann Rückenschmerzen vorbeugen und verhindern.
Du siehst vielleicht, warum mir das Thema als Sportwissenschaftlerin so wichtig ist und am Herzen liegt: seine unzähligen Funktionen machen den Beckenboden zu einem Schlüssel für ein verbessertes Wohlbefinden von Frauen und Männern gleichermaßen.
Der Beckenboden der Frau
Anatomisch gesehen gibt es einige Unterschiede zwischen der Beckenbodenmuskulatur von Frauen und Männern. Zum einen hat der Beckenboden der Frau drei Öffnungen (für Harnröhre, Vagina und den After), während der des Mannes nur zwei Öffnungen besitzt (für die Harnröhre und den After). Diese höhere Anzahl an Öffnungen macht den weiblichen Beckenboden anatomisch weniger stabil als den des Mannes.
Zum anderen unterscheidet sich die Beckenform der Frau deutlich von der des Mannes: Während der Beckenausgang des Mannes herzförmig ist, ist er bei der Frau oval. Zudem ist das Becken der Frau insgesamt deutlich breiter als das Becken des Mannes. Woher kommt das? Durch das größere Becken hat der Kopf eines Babys bei der Geburt ausreichend Platz. Allerdings macht die größere Fläche des weiblichen Beckenbodens in Verbindung mit der zusätzlichen Öffnung für die Vagina die Beckenbodenmuskulatur auch instabiler. Deshalb ist es besonders wichtig, den Beckenboden durch gezielte Beckenbodenübungen für Frauen [Verlinkung (intern): /beckenboden-onlinekurs/] ganzheitlich zu trainieren.
Darüber hinaus gibt es einige besondere Beckenboden-Funktionen, die vornehmlich Frauen betreffen. Einer davon ist der Wechsel der Beckenbodenmuskulatur von Anspannung zu Entspannung beim Geschlechtsverkehr. Um ein Eindringen in die Vagina zu ermöglichen, muss der Beckenboden sich entspannen können. Genauso sollte er sich aber auch anspannen können, um zu stimulieren. Die andere Besonderheit betrifft das Thema Schwangerschaft.
Der Beckenboden in der Schwangerschaft
Schwangerschaft und Geburt sind besondere Herausforderungen für den Beckenboden einer Frau: die Beckenbodenmuskulatur trägt nun zusätzlich zu den Bauchorganen auch das wachsende Gewicht der Gebärmutter und des Babys. Zudem wird das Bindegewebe durch die Schwangerschaftshormone weicher und die Bänder dehnen sich.
Aus diesem Grund verliert der weibliche Beckenboden während und nach der Schwangerschaft für eine gewisse Zeit an Spannkraft – zumindest bis die Rückbildung abgeschlossen ist. Dabei ist die Rückbildungsdauer sehr individuell und geht meist weit über die Zeit der Rückbildungsgymnastik hinaus. Durch angepasstes Training mit speziellen Beckenbodenübungen in und nach der Schwangerschaft können die Rückbildungsprozesse im Körper jedoch optimal gefördert werden.
Der Beckenboden beim Mann
Immer wieder werde ich gefragt: „Haben Männer überhaupt einen Beckenboden?“ Ja, tatsächlich haben auch Männer einen Beckenboden. Doch die Beckenbodenmuskulatur beim Mann ist deutlich dicker als jene der Frau. Dazu kommt, dass er weniger Öffnungen hat – insgesamt nur zwei: eine für die Blase und eine für den Darm. Zusammen mit der kleineren Beckenöffnung ist der männliche Beckenboden damit deutlich stabiler als der weibliche. Trotzdem profitieren gerade auch Männer sehr von Beckenbodenübungen: zum einen kann man(n) durch einen gut trainierten Beckenboden sowohl die Potenz steigern als auch die Kontinenz bis ins hohe Alter sicherstellen.
Beckenboden-Training kann so einfach sein
Nachdem du nun weißt, wie wichtig dein Beckenboden ist und wie viele Funktionen er in deinem Körper unterstützt, fragst du dich vielleicht, ob du ihn trainieren kannst. Möglicherweise merkst du auch bereits erste Anzeichen von Beckenbodenschwäche und möchtest wissen, wie du ihn stärken kannst.
Die gute Nachricht lautet: Wie jeden anderen Muskel kannst du auch den Beckenboden trainieren. Mit ein wenig Wissen, der entsprechenden Motivation und gezielten Übungen wirst du schnell spüren, wie deine Beckenbodenmuskulatur kräftiger wird. Hierfür habe ich einen zertifizierten Online-Beckenbodenkurs entwickelt, dessen Kosten von den meisten gesetzlichen Krankenkassen mit bis zu 100% übernommen werden. Zusätzlich findest du in diesem Blog regelmäßig Informationen und einfache Übungen, die dich dabei unterstützen, deinen Beckenboden mit wenig Aufwand zu stärken.
Zusammengefasst: Der Beckenboden…
- ist das muskuläre Zentrum des Körpers.
- sitzt zwischen Sitzbeinhöckern, Schambein und Steißbein.
- stützt und trägt die Bauchorgane Blase, Darm und Gebärmutter.
sichert die Kontinenz (schließt Blase und After). - öffnet/entspannt beim Wasserlassen, Stuhlgang, Geschlechtsverkehr und Geburt.
- gibt Stabilität, richtet das Becken auf, stärkt Körperhaltung und Bewegungskoordination.
- kann durch gezieltes Beckenbodentraining gestärkt werden.
Wenn du zukünftig Wissen, Neuigkeiten und Aktionen zum Thema Beckenboden und Beckenbodentraining erhalten möchtest, trage dich gerne in meinen Newsletter ein.
3 Kommentare
Hallo Carmen. Hab bei Facebook was von einem neuen Beckenbodentraining gelesen. Kennst Du das „Pelvi“-Beckenboden-Training und kannst mir darüber etwas sagen?
VG, Inge
Hallo Inge,
meinst du PelviPower? Das ist ein Training mittels Magnetfeldstimulation. Damit habe ich bisher keine eigenen Erfahrungen gemacht. Aus der Fachliteratur geht hervor, dass je nach Indikation zum Teil ganz unterschiedliche Erfolge erzielt werden können, wie z.B. eine verbesserte Wahrnehmung, um die Beckenbodenmuskulatur im Anschluss selbst ansteuern zu können. Inwieweit eine Therapie damit sinnvoll erscheint, bedarf deshalb meiner Meinung nach einer individuellen Betrachtung. Über einen Beckenboden Check-Up bei ausgebildeten Beckenboden-PhysiotherapeutInnen kann z.B. genau festgestellt werden, ob und wo eine Beckenboden-Dysfunktion vorhanden ist. Im Anschluss kann ein geeigneter Therapieplan erstellt werden.
Viele Grüße
Carmen
Thanks.